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Über Geld soll man bekanntlich ja nicht reden. Da wir es aber immer weniger haben, wird es immer mehr zum Thema. Und ausserdem stinkt da etwas gewaltig. „Pecunia non olet“ (Geld stinkt nicht) wurde zu einem geflügelten Wort, nachdem Kaiser Vespasian seinem Sohn Titus die ersten Einnahmen aus seiner Latrinensteuer von öffentlichen Toiletten (Urin wurde über Jahrtausende unter anderem für die Ledergerbung eingesetzt und daher in Rom gesammelt) unter die Nase gehalten hatte. Als Titus keinen Geruch feststellte, sagte er: „Und doch kommt es vom Urin“ (Atqui ex lotio est). Noch heute heissen die öffentlichen Toiletten in Paris „Vespasienne“ und die Redewendung steht für Geld aus unsauberen Einnahmequellen.

Wertpapiere, Aktien, Hedgefonds und wie sie alle heissen stinken noch weniger und trotzdem scheint daran so einiges faul zu sein. Jedenfalls können wir nichts davon für bare Münze nehmen. Dieses Gleichsetzen einer zugesagten Zahlung mit barem Besitz drückt die lange Tradition der Gleichsetzung von Wort und Münze aus. Der antike Gott Hermes ist jener des Wortes und auch jener der Münze. Worte werden wie Münzen geprägt oder geschlagen (Schlagwörter), Worte sind auf die Goldwaage zu legen, ein Versprechen ist ein verpfändetes Wort. Darin zeigt sich einerseits welch grosse Bedeutung das Wort besitzt, andererseits die Notwendigkeit von Tugenden wie Vertrauen und Ehrlichkeit sowohl beim Wort wie beim Geld.

Und genau hier liegt der springende Punkt – stammt übrigens von Aristoteles, der die Keimzelle im Ei als einen schon wie ein Lebewesen springenden Punkt bezeichnete. Der springende Punkt liegt im nachvollziehbaren Verlust von Vertrauen, denn nichts kann heute mehr für bare Münze genommen werden. Hermes, Gott des Wortes und der Münze, ist ja auch der Gott der Diebe, was man sich heute offensichtlich besonders zum Vorbild genommen hat.

Wir leben in jeder Hinsicht auf Pump. Immer wollen wir mehr nehmen als geben, ohne zu begreifen, dass dies wider die Natur ist. Nicht umsonst stammt der Begriff Pump aus der Gaunersprache des 17. Jahrhunderts. Aus pumpen (Wasser schöpfen) wurde pompen (borgen), schliesslich auf Pump. Denn Geld wurde immer mit Flüssigkeit gleichgesetzt: flüssig sein, liquid (vom lateinischen liquidus). Da vor allem die Staaten nicht mehr flüssig sind, uns also das Geld zwischen den Fingern zerrinnt, werden die Geldhähne zugedreht. Das bedeutet immer weniger für die Mehrheit und immer mehr für einige wenige. Das ist das Gesetz des Wuchers. Wucher bedeutet reicher Ertrag und bezieht sich auf die Zinsen und Zinseszinsen, heute durch Spekulation erweitert. Aus der Natur wissen wir, dass wenn etwas wuchert, es allem anderen schadet. Die Wucherer können den Hals nicht voll genug kriegen, sie kümmern sich also keinen Deut um ihre Mitmenschen. Im Gegenteil: mit elektrischen Stacheldrahtzäunen und Bodyguards halten sie sich diese und auch alle sonstigen Probleme dieser Welt vom Leib.

Der Deut (duit) ist eine niederländische Kupfermünze des 16. Jahrhunderts von geringem Wert. In fast allen Sprachen wird das nichts durch kleine Münzen mit geringem Geldwert ausgedrückt. Und doch gibt es kleine feine Unterschiede zwischen den Mentalitäten: während man sich in den reichen Niederlanden nicht um den Deut kümmert, ist in Deutschland alles auf Heller und Pfennig zu bezahlen und in Österreich ist wer den Groschen nicht ehrt, den Schilling nicht wert.

Die Wucherer unserer aktuellen Finanz- und Wirtschaftswelt kümmern sich jedenfalls keinen Deut um den kleinen Mann, sie verstehen auch keinen Deut von den Sorgen und Nöten des kleinen Mannes, und das noch viel Schlimmere: sie sind moralisch um keinen Deut besser als der kleine Mann. Denn wären sie es, würden sie nicht auf ihrer Kohle sitzen bleiben, sondern diese grosszügig zum Wohle des Ganzen verwenden. Mit riesigen Privatjachten die Weltmeere zu verunreinigen, in unverhältnismässig grossen und sogar mehreren Luxusvillen zu leben, während Millionen kein Dach über dem Kopf haben, um hunderte Euros ausgefallenste Gerichte zu essen, während Millionen verhungern, hat in der Tat etwas Unmoralisches an sich. Doch bei immer mehr Menschen fällt der Groschen. Denn wir haben bereits begonnen für unser materialistisches Sündenregister zu bezahlen und wer auf Kohle sitzt, sitzt längst auf glühenden Kohlen.

© Dr. Mag. Hannes Weinelt, Abenteuer Philosophie Magazin

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